Der Bitcoin ist schuld. Schuld daran, dass sich plötzlich alle Welt für die Blockchain interessiert. Nun gut, strenggenommen ist es noch nicht mal der Bitcoin selbst, der so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, sondern vielmehr der grenzenlose Hype um die Krypto-Währung als Spekulationsobjekt.
Zahlreiche Artikel in Zeitungen, Zeitschriften und Online-Magazinen beschäftigen sich mit der Frage: Lohnt ein Investment in den Bitcoin? Eine berechtigte Frage, denn die Kurssprünge waren derart groß, dass selbst konservative Geldanleger dem Reiz der schnellen Euros mit dem Bitcoin erlagen. Einige hatten Glück und fanden einen guten Zeitpunkt, um gewinnbringend wieder auszusteigen. Viele jedoch erlitten bittere Verluste. Innerhalb eines Jahres sprang der Kurs von 2.500 € bis hoch auf 16.497 €, um schließlich wieder auf unter 6.000 € herunterzustürzen. Ob der Bitcoin damit tatsächlich ein geeignetes Objekt für eine langfristige Geldanlage ist, ist aufgrund dieser kaum zu kalkulierenden Kursverläufe eher zweifelhaft. Über jeden Zweifel erhaben ist dagegen die dahinterstehende Technologie – und damit sind wir wieder bei der Blockchain.
Endlich verständlich: So funktioniert die Blockchain
Wenn wir verstehen wollen, was die Blockchain eigentlich ist und wie sie funktioniert, dann müssen wir tief eintauchen in die geheimnisvolle Welt der Kryptographie. Dort begegnen wir Hashes, Merkle-Trees und digitalen Schlüsseln. Hört sich kompliziert an – und das ist es auch. Aber keine Sorge, wir werden die Funktionsweise und das grundsätzliche Prinzip der Blockchain im Folgenden so erklären, dass man es auch ohne ein Mathematik- oder Informatikstudium verstehen kann. Außerdem werden wir immer wieder auf den Bitcoin als Beispiel zurückgreifen, wenn es darum geht, die Technologie hinter der Blockchain zu verstehen.
Bitcoin und Blockchain – das ist nicht das Gleiche!
Bitcoin und Blockchain werden oft in einem Atemzug genannt, ohne dass die Begriffe ausreichend gegeneinander abgegrenzt werden. Das führt zu Verwechslungen und zu Unsicherheiten. Fakt ist aber, dass beide Begriffe eng zusammengehören. Um die wechselseitige Beziehung von Blockchain und Bitcoin besser zu verstehen, müssen wir uns zunächst mit dem geheimnisvollen Satoshi Nakamoto beschäftigen. Wenn Sie den nicht kennen, dann ist das nicht weiter schlimm, denn dann geht es Ihnen wie allen – niemand kennt Satoshi Nakamoto.
Tatsächlich weiß man noch nicht mal, ob es sich dabei um eine reale Person, ein Pseudonym oder eine Gruppe handelt. Was man aber weiß, ist, dass Satoshi Nakamoto das Konzept der kryptographischen Währungen mittels Blockchain erstmals im Oktober 2008 in einem Thesenpapier formuliert und dieses online veröffentlicht hat. Auf Basis dieses Konzepts hat Nakamoto den Bitcoin erfunden.
Die Geburtsurkunde des Bitcoin
“Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System” (deutsch: „Bitcoin: Ein elektronisches Peer-to-Peer-Bezahlsystem“) – so lautete der Titel des mittlerweile legendären Thesenpapiers von Satoshi Nakamoto. Auf gerade mal neun Seiten entwickelt er ein Konzept für ein neues digitales Bezahlsystem. Das Besondere daran: Es kommt ohne eine dazwischengeschaltete Institution (zum Beispiel eine Bank) aus; Zahlungen erfolgen „peer to peer“, also von Teilnehmer zu Teilnehmer. An für sich ist das nichts Ungewöhnliches, denn genauso laufen auch Bezahltransaktionen im „echten Leben“ ab – zum Beispiel Barzahlungen im Geschäft oder auf dem Markt. Aber wie soll das bei elektronischem Zahlungsverkehr funktionieren? Muss da nicht eine höhere Instanz eingebunden sein, die die Zahlung des Teilnehmers A (der Käufer) bestätigt und dann an den Teilnehmer B (der Verkäufer) weiterleitet? Nein, muss es nicht – das postuliert Nakamoto in seinem Thesenpapier und präsentiert auch gleich die Lösung: Der Bitcoin.
Und warum der ganze Aufwand?
Beim Bitcoin sowie allen anderen auf der Blockchain basierenden Kryptowährungen drängt sich die Frage nach dem „Warum?“ auf. Warum ist es so relevant, beim elektronischen Zahlungsverkehr die dazwischengeschaltete Zentrale zu eliminieren? Das Problem ist, dass das zentrale System auf Vertrauen basiert. Die Teilnehmer am Zahlungsverkehr müssen den Banken oder ähnlichen Institutionen, die als Mittelsmann auftreten, vertrauen. Das macht dieses System anfällig und kann zu Streitigkeiten führen. Diese zu klären, ist zeit- und kostenaufwendig.
Die Alternative liegt für Nakamoto auf der Hand: „Notwendig ist ein elektronisches Zahlsystem, das auf kryptographischem Nachweis an Stelle von Vertrauen basiert und es zwei bereitwilligen Parteien ermöglicht, Transaktionen direkt untereinander durchzuführen, ohne dass eine vertrauenswürdige dritte Partei benötigt wird. Transaktionen, bei denen es rechnerisch unmöglich ist, sie zu widerrufen, würden die Verkäufer vor Betrug schützen, und standardisierte Treuhandmechanismen könnten auf einfache Weise implementiert werden, um die Käufer zu schützen“.
Welche Vorteile hat eine Kryptowährung auf Blockchain-Basis noch?
Ein elektronisches „peer-to-peer“-Zahlungssystem auf Basis einer Kryptowährung hat vor allem zwei ganz entscheidende Vorteile: Zum einen spart es Zeit, denn Überweisungen über den Umweg Bank kosten in der Regel ein bis zwei Tage, während Transaktionen mit Kryptowährungen sofort durchgeführt werden. Zum anderen spart es Kosten – zumindest in der Theorie – denn die Bank oder eine ähnliche Institution, die den Zahlungsverkehr durchführt, verlangt ja in der Regel für jede Transaktion Gebühren. In der Praxis hat sich Nakamotos Traum von gebührenfreien Transaktionen jedoch nicht erfüllt. Darüber hinaus sind Kryptowährungen auch besonders gut für anonyme Zahlungen geeignet; ein Umstand, den sich leider auch kriminelle Elemente zu Nutze machen.
Der Genesis-Block: Das erste Kettenglied der Blockchain
Am 3. Januar 2009 – also nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung seines Thesenpapiers – erschuf Satoshi Nakamoto den sogenannten „Genesis-Block“ und damit das erste Glied der Bitcoin-Blockchain. Für die Erstellung dieses ersten Blocks erhielt Nakamoto 50 Bitcoin als Belohnung. Von wem? Gute Frage – im Prinzip von sich selber. Denn die Information, dass das Erstellen dieses Blocks 50 Bitcoin wert ist, ist auch gleichzeitig Inhalt des Blocks. Das ist relativ schwer zu begreifen, weil es so fundamental abweicht von dem, wie eine normale Währung funktioniert. Der Bitcoin ist virtuell und repräsentiert keinen realen Wert. Sein Wert wird fast allein dadurch bestimmt, was Menschen bereit sind, dafür zu zahlen. Allerdings darf man dabei nicht vergessen, dass der Bitcoin aufgrund der oben beschriebenen Vorteile – schnelle und theoretisch kostenlose Transaktionen – durchaus einen Mehrwert hat. Insofern ist der Bitcoin eher mit Gold als mit Geld zu vergleichen. Denn auch Gold hat objektiv gesehen nützliche Eigenschaften, zum Beispiel seine hohe Duktilität, also die Fähigkeit, sich sehr stark verformen zu lassen, ohne dass es bricht (Stichwort: Blattgold). Aber Gold ist auch ein Rohstoff, der durch seine Beschaffenheit (Glanz, Farbe, Gewicht) die Fantasie beflügelt; der Kauf- und Verkaufspreis wird daher sehr stark von Angebot und Nachfrage bestimmt.
Die Blockchain wächst, neue Bitcoins entstehen
In jedem Block der Blockchain ist eine Art mathematisches Rätsel versteckt, das sehr komplex ist, und jeder kann nun versuchen, mit seinem Computer das Rätsel zu lösen. Ein solches Rätsel sieht – stark vereinfacht – ungefähr so aus: Der Block gibt eine Zahl aus, zum Beispiel 100. Die Zahl 100 kann ja auf ganz viele verschiedene Arten zustande kommen: 2 mal 50 ist 100; 3 mal 30 plus 10 ist auch 100; und 1.000 minus 900 ist ebenfalls 100. Der Anwender, der als erstes die richtige Kombination aus Zahlen und Rechenoperationen findet, erhält Bitcoins als Belohnung. Die Information darüber sowie das nächste Rätsel bilden den nächsten Block – so entsteht Stück für Stück die Blockchain.
Tatsächlich ist es alles viel komplizierter…
In Wirklichkeit ist das Erzeugen von Bitcoins – auch „Mining“ genannt (womit wir eine weitere Analogie zum Gold hätten) – sehr viel komplizierter. Um die Rechenprozesse komplett und im Detail zu verstehen, muss man sich schon sehr stark mit Informatik und mit Kryptographie, der Lehre von der Verschlüsselung von Daten, auskennen. Die Basis für die Blockchain wurde dabei bereits 1979 durch den amerikanischen Informatiker Ralph Merkle gelegt, der mit dem nach ihm benannten Merkle-Tree eine Methode erdachte, mit der Daten aus sogenannten Hashes berechnet und als „Blätter“ in einer Baumstruktur abgelegt werden. Aus zwei Blättern wird dann ein weiterer Hash berechnet, solange, bis man den Hash des Wurzelknotens (root) ermittelt hat. Dank dieser Struktur kann die Integrität von Daten gesichert werden. Denn sollte ein Hash („Blatt des Baums“) verändert werden, hat das Auswirkungen bis hinunter zum Wurzelknoten. Eine Manipulation würde so sofort auffallen.
So laufen Bitcoin-Transaktionen ab
Beim Bezahlen mit Bitcoins wird eine Technik verwendet, die man schon von signierten E-Mails kennt, und bei der ein privater Schlüssel und ein öffentlicher Schlüssel erzeugt werden. Diese Schlüssel bestehen aus sehr langen Zeichenketten. Der private Schlüssel verbleibt beim Erzeuger, während der öffentliche Schlüssel allen bekannt ist. Dieses System sorgt beim Transfer von Bitcoin für eine hohe Sicherheit; denn dank des privaten Schlüssels kann nur der Eigentümer auf die Bitcoins zugreifen; gleichzeitig sorgt der öffentliche Schlüssel für Transparenz, denn mit ihm kann sichergestellt werden, dass die signierte Transaktion auch tatsächlich von der Person stammt, die sie vorgibt zu sein.
Die Blockchain wächst und wächst und wächst…
Kehren wir aber zunächst zurück zum ersten Glied der Blockchain, dem Genesis-Block. Der erzeugt – wie schon gesagt – ein kompliziertes mathematisches Rätsel. An das Bitcoin-System angeschlossene Rechner nutzen nun ihre gesamte Rechenpower, um es zu lösen. Das ist aber kein reiner Selbstzweck, denn gleichzeitig sorgen sie so dafür, dass Bitcoin-Transaktionen durchgeführt werden können. Dieses sogenannte „Mining“ wird belohnt. Wer das Rätsel löst, erhält dafür Bitcoin. Alle Informationen über diesen Vorgang werden verschlüsselt und dann der Blockchain angehangen; und dann beginnt das Spiel von vorne.
Ist die Blockchain unendlich?
Das Wachsen der Blockchain könnte theoretisch immer weiter gehen; beim Bitcoin ist aber tatsächlich ein Ende vorgesehen. Satoshi Nakamoto hat seine Kryptowährung auf insgesamt 21 Millionen Bitcoin begrenzt. Der letzte Bitcoin wird aller Voraussicht nach erst im Jahr 2130 geschürft worden sein. Warum dauert das so lange? Weil sich die Belohnung für das Enträtseln des Blockchain-Algorithmus reduziert; Am Anfang waren das – wie bereits erwähnt – 50 Bitcoin. Immer, wenn die Blockchain um 210.000 neue Blöcke erweitert wurde, halbiert sich die Belohnung: erst auf 25, dann 12,5 und so weiter. Zeitgleich wird auch das Entschlüsseln des kryptographischen Rätsels immer schwieriger, was den Prozess theoretisch auch verlängert. Dies wird allerdings durch immer größere Rechner-Netzwerke (sogenannte Mining-Farms) mit immer mehr Power konterkariert. Jedoch benötigen diese Netzwerke sehr viel Energie, so dass sich das Betreiben solcher Mining-Farmen nur lohnt, so lange der Bitcoin-Preis entsprechend hoch ist. Das Marktforschungsunternehmen Fundstrat Global Advisors sieht die Grenze bei etwa 8.000 $; sinkt der Bitcoin Kurs unter diese Grenze, ist das Betreiben einer Mining-Farm nicht mehr rentabel.
Warum die Blockchain die richtige Technologie für Kryptowährungen ist
Erinnern wir uns, was der eigentliche Sinn eines auf Kryptowährung basierenden Zahlungssystems ist: Es soll digitale Transaktionen zwischen zwei Handelspartnern ohne eine dazwischengeschaltete Institution wie zum Beispiel eine Bank möglich machen. Dazu muss es vornehmlich 3 Eigenschaften erfüllen: Es ist definitiv dezentral, denn die Bank als Zentrum der Aktivitäten ist ja aus dem Spiel – stattdessen wird die gesamte Blockchain auf jeden Computer im Netz übertragen; es muss – wie jedes andere Zahlungssystem auch – sicher sein; und zu guter Letzt muss es anonym sein, damit nicht jeder Teilnehmer den Kontostand des anderen lesen kann. All diese Eigenschaften kann die Blockchain-Technologie gewährleisten. Statt alle Transkationen zentral zu verwalten, liegen identische Kopien der Blockchain dezentral auf allen teilnehmenden Rechnern. Das sorgt gleichzeitig auch für Sicherheit, denn wenn ein Teilnehmer seine Kopie verändert, fällt das sofort auf. Und die Anonymität ist durch den privaten Schlüssel, mit dem man Zugriff auf seine Bitcoins erhält, ebenfalls gegeben.
Ausblick: Die Zukunft der Blockchain
Auch wenn – wie schon erwähnt – die Blockchain zurzeit eng mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen verknüpft ist, so könnte diese Technologie noch in vielen anderen Bereichen zum Einsatz kommen, nämlich überall da, wo eine zentrale Instanz für Ineffizienz und hohe Kosten sorgt. So könnten private Stromerzeuger, zum Beispiel Hausbesitzer mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, ihren Strom direkt an Endkunden verkaufen, ohne dass dazu Stadtwerke oder Energiekonzerne als Mittelsmänner gebraucht werden. Die Blockchain könnte ebenfalls dafür sorgen, zukünftig Wahlen komplett elektronisch abzuwickeln und dabei unter Wahrung des Wahlgeheimnisses (Stichwort: Anonymität) für die notwendige Fälschungssicherheit sorgen. Ganz weit vorne liegt hierbei die kleine baltische Republik Estland. Als ehemalige Sowjetrepublik fürchtet man Cyber-Angriffe Russlands auf staatliche Webseiten. Und tatsächlich gab es solche Angriffe, auch wenn nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, dass der große Nachbar dahintersteckte. Trotzdem war das Anreiz genug, um unter dem Stichwort „E-Government“ ein sicheres und bürgerfreundliches digitales Verwaltungssystem zu schaffen – unter Zuhilfenahme der Blockchain. Es scheint also nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die Blockchain-Technologie mehr und mehr unseren Alltag durchdringt – und ihn damit grundlegend verändert.
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