Bedarfsermittlung ist ein Begriff aus der Betriebswirtschaftslehre, der vor allem in der Produktion verwendet wird, aber auch im Handel, in der Logistik, im Personalwesen oder im Marketing zum Einsatz kommt. Sie ist eine wichtige Aufgabe in der Materialwirtschaft.
In der Bedarfsermittlung werden Art des Bedarfs, die Bedarfsmengen und Bedarfszeiten berücksichtigt. Vereinfacht gesagt: Wann müssen zukünftig welche Ressourcen, Rohstoffe, Hilfs- und Betriebsstoffe, Einzelteile oder Endprodukte in welcher Menge zur Verfügung stehen? In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die verschiedenen Methoden der Bedarfsermittlung sowie Bedarfsarten und beantworten die wichtigsten Fragen, um Ihnen einen einfachen Einstieg in das Thema zu ermöglichen.
Die Bedeutung der Bedarfsermittlung
Eine zuverlässige Bedarfsermittlung ist für Unternehmen unerlässlich, um Ressourcen, Arten und Mengen von Material und Produkten (aber auch Dienstleistungen) einzuschätzen und die Planung daran anzupassen. Sie ist wichtig, um die Rentabilität und Effizienz von Unternehmen zu verbessern, die Materialversorgung sicherzustellen, eine Über- oder Unterversorgung zu verhindern und Lagerbestände zu optimieren.
Ein zu gering ermittelter Bedarf kann verheerende Folgen für Umsatz und Ruf eines Unternehmens haben, zum Beispiel:
- Stillstehende Produktion
- Produktionsverzögerungen
- Lieferverzögerungen
- Im schlimmsten Fall Vertragsstrafen
- Kundenbeschwerden und Imageverlust
- Schaden an Kundenbeziehungen
Wird der Bedarf allerdings zu hoch geschätzt, können zum Beispiel
- Überbestände entstehen
- Waren verderben oder sich Lagerkosten erhöhen
Unterschiedliche Bedarfsarten
Um den Bedarf an Ressourcen und Materialmengen zu ermitteln, ist es wichtig, die verschiedenen Bedarfsarten voneinander abzugrenzen und die Unterschiede zu verstehen. Für die unterschiedlichen Arten an Bedarf ist es häufig sinnvoll, unterschiedliche Methoden zur Bedarfsermittlung heranzuziehen. Man unterscheidet zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärbedarf:
Primärbedarf
Der Primärbedarf beschreibt den Bedarf an verkaufsfähigen Erzeugnissen. Darunter versteht man die Produkte, Einzelteile, aber auch Zwischenerzeugnisse, die direkt an Ihre Kunden verkauft werden. Hierunter fallen auch Dienstleistungen.
Sekundärbedarf
Der Sekundärbedarf umfasst das Material, das für den Primärbedarf benötigt wird. Das können Rohstoffe, Baugruppen oder Einzelteile sein, aus denen die verkaufsfähigen Erzeugnisse gefertigt werden.
Tertiärbedarf
Die dritte Bedarfsart beinhaltet Güter, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Verschleißwerkzeuge, die für die Herstellung der verkaufsfähigen Erzeugnisse benötigt werden. Sie werden nicht zum Endprodukt verarbeitet, sondern nur für die Produktion eingesetzt.
Die wichtigsten Methoden der Bedarfsermittlung
Es gibt verschiedene Arten, den Bedarf an Materialien, Rohstoffen, Produkten oder Dienstleistungen zu ermitteln, die in der Praxis häufig parallel eingesetzt werden. Welche Methode der Ermittlung sinnvoll ist, hängt zum Beispiel davon ab, welche Daten und Erfahrungswerte vorliegen sowie von der Art des Erzeugnisses. Grob lassen sich verbrauchsbasierte, prognosebasierte und regelbasierte Methoden sowie Schätzungen unterscheiden.
Verbrauchsorientierte oder stochastische Bedarfsermittlung
Bei der verbrauchsorientierten oder stochastischen Bedarfsermittlung wird der zukünftige Bedarf aus dem vergangenen Bedarf abgeleitet. Sie basiert auf der Annahme, dass der zukünftige Bedarf sich wie der vergangene entwickeln wird. Zur Berechnung werden statistische Methoden wie beispielsweise der arithmetische oder der gleitenden Mittelwert verwendet. Wichtig ist hierbei auch zu berücksichtigen: Was hat den Bedarf der Vergangenheit beeinflusst? Die Zuverlässigkeit dieser Methode wird unter anderem davon bestimmt, ob ausreichend historische Daten vorliegen und wie aussagekräftig diese für den Bedarf der Zukunft sind.
Programmorientierte oder deterministische Bedarfsermittlung
Der aktuelle Produktionsplan ist die Basis der programmorientierten oder deterministischen Bedarfsermittlung. Der Ausgangspunkt ist der Primärbedarf, aus dem der Sekundär- und Tertiärbedarf berechnet wird. Die Voraussetzung für die programmorientierte Bedarfsermittlung ist, dass dieser Primärbedarf bekannt ist. Ein Vorteil ist, dass diese Methode viele Varianten abdecken kann und eine sehr genaue Berechnung ermöglicht. Ein Nachteil kann der Aufwand sein, der benötigt wird, um Stücklisten oder Teileverwendungsnachweise zu führen.
Als einfache Formel gilt
Es können zwei Verfahren unterschieden werden:
- Das analytische Verfahren, das auf Stücklisten oder Rezepturen zurückgreift. Das Produkt, das hergestellt werden soll, wird in seine Einzelteile zerlegt. Aus diesen wird der Sekundärbedarf berechnet und mit dem Lagerbestand abgeglichen.
- Das synthetische Verfahren, das seltener angewendet wird und den Bedarf anhand von Teileverwendungsnachweisen berechnet. Die Verwendungshäufigkeit von Teilen in Baugruppen oder Erzeugnissen wird hierbei zusammengefasst.
Heuristische oder schätzende Bedarfsermittlung
Im Gegensatz zur häufig verwendeten verbrauchs- und programmorientierten Bedarfsermittlung wird die heuristische oder schätzende Methode seltener eingesetzt. Sie beruht auf der subjektiven Schätzung einer oder mehreren Personen mit Erfahrung und Expertise und kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn nicht ausreichend historische Daten zur Verfügung stehen.
Man unterscheidet zwischen der Analog- und Intuitivschätzung:
- Analogschätzungen erfolgen auf der Basis von möglichst vergleichbaren Produkten.
- Intuitivschätzungen sind vor allem Vermutungen auf der Basis von Erfahrungen. Sie wird bei Sonderfällen ohne Vergleichsmöglichkeit, aber auch bei Erzeugnissen von geringerem Wert verwendet.
Regelbasierte Bedarfsermittlung
Die Basis der regelbasierten Bedarfsermittlung ist das sogenannte Wenn-dann-Prinzip. Wenn ein Produkt in einer bestimmten Ausfertigung bestellt wird, müssen die dafür notwendigen Materialien, Bauteile, Ressourcen usw. zur Verfügung stehen. Diese Methode gehört zu den seltener genutzten Arten der Bedarfsermittlung.
Bei der Entscheidung für eine Methode kann eine ABC-Analyse hilfreich sein. Beispielsweise, wenn für die wichtigen “A-Güter” mit einem hohen Anteil am Gesamtwert und entsprechend hoher Priorität eine aufwändige Berechnungsmethode gerechtfertigt ist. Der Bedarf für die weniger wichtigen C-Güter könnte zum Beispiel im Unterschied dazu nur auf Erfahrungsbasis geschätzt werden.
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Beispiele für die Bedarfsermittlung in der Praxis
Die Bedarfsermittlung findet in verschiedenen Branchen Anwendung. Einige Beispiele:
Anhand von historischen Produktionsdaten und Prognosemodellen (bzw. der verbrauchsorientierten Bedarfsermittlung) kann der Bedarf an Rohstoffen, Bauteilen und anderen Komponenten ermittelt werden. Ebenso kann der Bedarf anhand des Produktionsplans berechnet werden. Die ermittelten Werte nehmen zum Beispiel Einfluss darauf, welche Materialien wann und in welcher Menge bei Lieferanten bestellt werden.
Mithilfe von historischen Auftragsdaten und Kundenfeedback kann der Bedarf unterschiedlicher Dienstleistungen und die dafür notwendigen personellen und ggf. technischen oder anderen Ressourcen berechnet oder geschätzt werden. Das Ergebnis beeinflusst zum Beispiel die Personalplanung sowie die Gestaltung des Dienstleistungsangebots.
Auf der Basis von historischen Verkaufsdaten kann der Bedarf an Waren für zukünftige Verkaufsperioden berechnet und geplant werden. In die Berechnung fließen zum Beispiel auch saisonale Trends oder Veränderungen am Markt ein. Anhand der Bedarfsermittlung können die Lagerbestände geplant und die entsprechenden Waren in benötigter Menge bestellt werden.
Bedarfsermittlung in Fragen und Antworten
Die Bedarfsermittlung ist eine ebenso wichtige wie komplexe Aufgabe, die maßgeblich den Erfolg und die Liquidität eines Unternehmens beeinflussen kann. Um Ihnen weitere Tipps mit an die Hand zu geben, worauf es bei einer verlässlichen Bedarfsermittlung ankommt, finden Sie hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Was gehört zur Bedarfsermittlung?
Die Bedarfsermittlung umfasst die Prognose zukünftiger Bedarfe an Rohstoffen, Produkten oder Dienstleistungen. Die einzelnen Schritte hängen von der verwendeten Methode ab und können diese Aspekte umfassen:
- Die Analyse von historischen Daten wie Verkaufszahlen, Bestellungen oder Produktionsaufträgen
- Die Verwendung von statistischen Methoden zur Prognose, die beispielsweise Markttrends berücksichtigen
- Die Informationsbeschaffung aus verschiedenen Abteilungen zur Abschätzung des zukünftigen Bedarfs, zum Beispiel anhand von Daten aus dem Vertrieb und Marketing
- Eigene oder fremde Marktforschung und Kundenbefragungen, um den Bedarf und die zukünftigen Entwicklungen einzuschätzen
- Die laufende Überprüfung und ggf. Anpassung der Berechnungen oder Schätzungen an sich verändernde Bedingungen
Was ist das Ziel der Bedarfsermittlung?
Mit der Bedarfsermittlung soll der zukünftige Bedarf an Rohstoffen, Produkten oder Dienstleistungen möglichst genau vorhergesagt werden. Das Ziel ist es, zu ermitteln, welche Mengen zu welchem Zeitpunkt benötigt werden, um die Kosten zu optimieren, Lieferungen erfüllen zu können und Überbestände zu vermeiden. Zu den wichtigsten Zielen der Bedarfsermittlung gehören damit:
- Den Produktions- oder Absatzplan einzuhalten und Aufträge pünktlich erfüllen zu können
- Die Kosten zu optimieren, indem beispielsweise Lagerhaltungskosten reduziert werden
- Die optimale Bestellmenge von Materialien zu ermitteln
- Die Kundenzufriedenheit sicherzustellen, indem Waren oder Dienstleistungen pünktlich geliefert werden
- Eine effiziente Ressourcennutzung von zum Beispiel Rohstoffen oder Personal
- Die Risikominimierung durch die Identifizierung und Berücksichtigung von möglichen Lieferproblemen oder Rohstoff-Engpässen
Wann ist die programmorientierte Bedarfsermittlung sinnvoll und wann die verbrauchsorientierte?
Die programmorientierte Bedarfsermittlung setzt voraus, dass der primäre Bedarf bereits bekannt ist. Im Produktionsplan ist festgelegt, wie viel produziert wird, und auf dieser Basis werden die dafür benötigten Materialien, Ressourcen usw. berechnet, also der Sekundär- und Tertiärbedarf.
Die verbrauchsorientierte Methode berücksichtigt Schwankungen oder einen unregelmäßigen oder unbekannten Bedarf. Grundsätzlich gilt: Wenn Ihnen verlässliche Daten aus der Vergangenheit vorliegen, ist es auch sinnvoll, diese zu nutzen.
Was sind die größten Fehler bei der Bedarfsermittlung?
Die Methoden der Bedarfsermittlung hängen sowohl vom Bereich, von der Branche, dem Geschäftsfeld und weiteren unternehmensspezifischen Faktoren sowie der Art der herzustellenden Güter ab. Ebenso individuell sind die möglichen Probleme oder Hürden. Zu den häufigen Fehlern gehören:
- Über- oder unterschätzen der Nachfrage für die eigenen Produkte oder Dienstleistungen
- Unkritisches Vertrauen in Prognosemodelle, ohne eigene Erfahrungen oder sich verändernde Bedingungen zu berücksichtigen
- Ungenaue Datenanalyse: Die verbrauchsorientierte Bedarfsermittlung ist auf ausreichende und korrekte historische Daten angewiesen, um zuverlässig einen zukünftigen Bedarf zu errechnen. Liegen diese Daten nicht vor, kann eine andere Methode der Bedarfsermittlung sinnvoller sein.
- Ignorieren von Veränderungen in der Branche, saisonalen Schwankungen oder Marktdynamiken bei der Berechnung des Bedarfs
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