Nachdem das Verpackungsgesetz (VerpackG) am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist, sind inzwischen bereits gut drei Monate verstrichen. Nach wie vor sind jedoch viele Fragen offen. Das betrifft insbesondere solche Fälle, auf die die Bestimmungen des Gesetzes in der konkreten Praxis nicht auf einen Blick eindeutig anwendbar sind.
Drei dieser Fragen beantwortet Ida Schlößer von Lizenzero, dem Onlineshop für Verpackungslizenzierung des Dualen Systems Interseroh, und gibt wertvolle Tipps mit an die Hand.
microtech: Was muss ich beachten, wenn ich Waren nach Deutschland importiere oder Produkte exportiere?
Ida Schlößer: Da auch importierte Ware, die samt Verpackungen nach Deutschland importiert wird, hierzulande für Verpackungsabfälle sorgt, beziehen sich die Vorgaben des Verpackungsgesetzes auch auf die Einführung verpackter Waren. Keine Rolle spielt hierbei, ob aus EU- oder Nicht-EU-Ländern importiert wird.
Verantwortlich für die Systembeteiligung, die Lizenzierung der Verpackungen also, ist hier im Sinne des VerpackG stets der Unternehmer, der beim Grenzübertritt der Ware die Verantwortung für diese innehat. Im Normalfall handelt es sich dabei um den Importeur, da er die Einführung der Ware veranlasst bzw. diese aktiv nach Deutschland holt. Im Zweifelsfall sollte diese Verantwortlichkeit vertraglich geregelt sein, um sie auf Nachfrage eindeutig nachweisen zu können.Sollte ein ausländischer Händler direkt an den Endkonsumenten in Deutschland versenden, ohne dabei einen Zwischenhändler miteinzubeziehen, ist er selbst für die Lizenzierung seiner Verpackungen verantwortlich.
Wichtiger Hinweis: die Lizenzierungspflicht gilt für alle miteingeführten Verpackungen – also sowohl die Produkt- und Versandverpackung sowie etwaige Umverpackungen. Zum Thema Export wiederum gilt: Da die Verpackungen nicht in Deutschland anfallen (auch dieser Umstand sollte aber lückenlos nachweisbar sein), greifen für diese auch nicht die Bestimmungen der Verpackungsgesetzes. Allerdings gelten in anderen Ländern andere Gesetze und Einführungsbestimmungen, über die man sich unbedingt informieren sollte.
microtech: Ich bin Onlinehändler und vertreibe Ware nicht nur über meinen Onlineshop, sondern auch per Fulfillment und/oder Dropshipping – worauf muss ich achten?
Ida Schlößer: Kommen wir erst einmal zum Dropshipping; zu diesem Thema ist das Verständnis der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) als Kontrollinstanz des Gesetzes maßgeblich: Die Behörde versteht unter „Dropshipping“, dass der Onlinehändler die von ihm angebotenen Produkte nicht selbst verschickt, sondern den Warenversand direkt durch den Produzenten der Ware abwickeln lässt und so die Rolle eines „Handelsagenten“ des Produzenten einnimmt.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Der Onlinehändler befüllt die Verpackungen nicht selbst, hat nicht einmal physischen Kontakt zur Ware und tritt auch gegenüber dem Endkonsumenten als Warenempfänger nicht offen erkennbar auf, d. h. er wird nicht auf der Verpackung kommuniziert. Somit liegen alle Pflichten, die aus dem VerpackG erwachsen, beim Hersteller (und in diesem Fall auch Versender) der Ware; er ist sowohl für die Produkt- als auch die Versandverpackung verantwortlich.
Auch, wenn ein Händler mit einem Fulfillment-Dienstleister zusammenarbeitet, sollte er sich hinsichtlich des Verpackungsgesetzes an den Definitionen der Zentralen Stelle orientieren. Sie versteht unter „Fulfillment“, dass der „Versandhändler für die Verpackung und Versendung einen Logistikunternehmer beauftragt. Dieser verpackt die Ware und versendet sie.“
Entgegen der eigentlichen Festlegung des Lizenzierungsverantwortlichen als demjenigen, der eine Verpackung erstmalig befüllt, steht in dieser Konstellation nicht der Logistiker in der Pflicht, sondern nach wie vor der Versandhändler. Denn er ist nach außen als Anlassgeber des Warenversands erkennbar bzw. tritt als solcher auf, und trägt somit die Verantwortung für die korrekte Entpflichtung der Versandverpackung. Die Lizenzierungspflicht für die Produktverpackung liegt – sofern der Händler nicht auch Hersteller der Ware ist – beim Produzenten.
Tipp: Die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) stellt auf ihrer Seite weitergehende Informationen in ausführlichen Themenpapiere bereit, die als richtungsweisend zu verstehen sind.
microtech: Fallen auch Verpackungen unter die Bestimmungen des Verpackungsgesetzes, die bereits einmal verwendet wurde und die ich dann nochmals befülle?
Ida Schlößer: Bereits verwendete Verpackungen dürfen ohne Probleme erneut genutzt werden, allerdings nicht ohne Lizenzierung. Keine Frage: Oft erhalten Händler von ihren Lieferanten, auf privatem Wege oder anderweitig Verpackungsmaterialien, die im guten Zustand und damit zu schade zum Wegwerfen sind – auch im Sinne der Umwelt.
In diesem Kontext ist jedoch wichtig zu wissen, dass für solcherlei Verpackungen ebenfalls die Lizenzierung bei einem dualen System sichergestellt sein muss, wenn diese zweitverwendet, d. h. neu befüllt und an den Endverbraucher übergeben werden. Der Grund: Im Zuge der neuerlichen Befüllung der Verpackungen mit den Produkten werden aus den Verpackungen Versand- oder Produktverpackungen, die beim Endverbraucher anfallen und von diesem entsorgt werden, also beteiligungspflichtig sind. Die Empfehlung der Zentralen Stelle lautet daher, solche erneut verwendeten Verpackungen in jedem Fall vollumfänglich und selbst zu entpflichten, um rechtskonform zu handeln. Denn im Zweifel gilt stets, dass die Nachweispflicht der Lizenzierung beim Letztvertreiber einer Verpackung liegt.
Unsere Interviewpartnerin:
Ida Schlößer ist im Onlinemarketing des Umweltdienstleisters Interseroh tätig und betreut den Onlineshop für Verpackungslizenzierung „Lizenzero“. Ziel des Shops ist es im Kontext des Verpackungsgesetzes, vor allen kleinen und mittelständischen Händlern einen kosten- und zeiteffizienten Weg zur Erfüllung ihrer Pflichten zu bieten, der zudem komplett online abgewickelt werden kann. Mehr Infos unter www.lizenzero.de
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